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Frederick MARTIN

EINE ÄSTHETIK DER SPANNUNG

Frédérick Martin (Jahrgang 1958) schreibt eine im Wesentlichen spannungsgeladene Musik. Extreme Stimmlagen und Register, wohlüberlegter Einsatz von Druckmitteln, Ausschöpfung der instrumentalen Möglichkeiten bis an die Grenzen des Machbaren, Mobilisierung der Kräfte des Orchesters durch klangliche Eruptionen und Wallungen – das sind die Wesenszüge eines ganz und gar auf Anspannung ausgerichteten musikalischen Stils. Dabei ist das für das Ohr wahrnehmbare Ergebnis weder ungefällig noch abstoßend. Die virtuose Ausdrucksweise, selbst bis ins kleinste Detail der Instrumentierung, gehorcht der Sorge um eine akkurate Artikulation. Dem Zuhörer drängt sich eine klangliche Plastizität auf, die zwischen grenzüberschreitender Gewalt und intendiertem Konstrukt zu schwanken scheint. Die musikalische Architektonik verbindet aufbrausende Beweglichkeit mit einem Urimpuls. Getöse, schrille Töne, Detonationen geben in einer unaufhaltsamen, aufwärts strebenden Dynamik den Takt vor. Encore le style de l’acier – „Immer noch der stählerne Stil“ – um diesen Titel, der Frédérick Martins Werk versinnbildlicht, knüpft sich voller Ungestüm und kaltem Zorn ein seltsames Band zwischen Berechnung und Trieb.


Hugues DUFOURT